LAKONIEN 


Geschichte
Lakonien war schon in der Vorzeit besiedelt, aber seine eigentliche Geschichte beginnt mit der Einwanderung der Dorier (1100 v. Chr.), die mit Sparta als ihrem Zentrum nach und nach ganz Lakonien unterwarfen und schließlich ,zum großen Widersacher Athens wurden. 146. v.Chr. kam auch für die mittlerweile durch endlose Kriege geschwächten Spartaner das Ende ihrer Selbständigkeit in Gestalt der römischen Eroberer. In byzantinischer Zeit war Lakonien Provinz des Verwaltungsbezirks (,,Thema") Peloponnes und hatte unter den verheerenden Einfällen der ,,Barbaren", besonders der Goten Alarichs zu leiden. Nach einem kurzen fränkischen Zwischenspiel fiel es 1262 wieder an die Byzantiner, die es mit der neuen Hauptstadt Mistra zwei Jahrhunderte halten konnten, bis ab 1460 Burgen und Städte eine nach der anderen in die Hände der Türken fiel. Mit Ausnahme der Mani, die eine gewisse Autonomie und eine Reihe von Privilegien sichern konnte. 1828 wurde Lakonien von den Türken befreit.


Die Halbinsel Mani
Karges, wüstes Land. Nackter Fels, Feldsteinmauern, Wälle aus Feigenkakteen. Harter Stein, jäh abstürzende diros tropfsteilhoehleBergschluchten. Meeresbuchten und steile Vorgebirge, von Wind und Wellen zerfurcht. Geprägt von dieser Landschaft die Manioten - rauher noch als der rauhe Fels, unbeugsam in ihrer Freiheitsliebe, Herren der abweisend-steinernen Wohntürmen die uns auf der Wanderung durch die Mani begleiten, erst einer, dann noch einer, in Schussweite voneinander... Unten am Meer die kleinen Fischerdörfer, oben an den Hängen des Taigetos die Bergdörfer. Itilo (Oitylos), weite einsame Küstenlandschaft. Auf der Anhöhe gegenüber die mittelalterliche Burg von Kelefa. Etwas weiter, unter dem Bergsturz der kleine Hafen Limeni, und darüber der Taigetos, Heimat der strengen Göttin Artemis. Areopoli -scharfkantiger Fels und weißer Stein, schroff und unnahbar die Landschaft, kriegerisch auch der Name: Stadt des Ares, des Kriegsgottes. ,,Maniote" war und ist seit altersher gleichbedeutend für Mut und Tapferkeit, und es war wohl nicht zuletzt diese Landschaft, die den Charakter der Menschen hier geprägt hat. Das Dorf Pirgos Dirou - ringsum nichts als Türme, darunter der bekannteste und meistfotografierte: der Sklavounakou-Turm. Die berühmte Tropfsteinhöhle Dirou - unvergleichliche Farbenpracht, ineinander Areopoli. Der Kapetanakou-Wohnturmverschlungene Stalagmiten und Stalaktiten, faszinierendes Formenspiel. Gleich dahinter die kleine Bucht von Mezapos, übersät von verfallenen, düstergrauen Türmen. Im Hintergrund, auf einem hohen Felsvorsprung die Große Maina, die Frankenburg, die der Mani ihren Namen gegeben hat. Wohin man sieht, nichts als Stein, dürres Gras, Feigenkakteen und ein paar wie verloren wirkende Ölbäume. Gerolimenas - eine Handvoll Häuser hinter der Mole, an der bunte Kaikis festgemacht haben. Rast in einer gastlichen kleinen Taverne - friedliche Stille. Im Norden die Türme von Kitta und Nomia und im Süden Alika, unter Feigenkakteen fast verschwunden. Etwas weiter die Steilküste von Kiparissou; hier befand sich ein Roseidon-Heiligtum, die Heilige und Orakelstätte der Lakonier und die Tempel der Demeter und Aphrodite. An der kleinen Bucht von Marmari unweit von hier lag der Eingang zum Hades, eine Höhle, in die Orpheus hinabstieg auf der Suche nach Eurydike. Dann das Kap Tenaro (heute Kavos Matapas) mit dem großen Leuchtturm und gleich darauf das Kap Porto Kagio, Brutstätte für Wachteln und Störche. (Die Orte an der äußersten Südspitze sind nur schwer zu erreichen, am besten umfährt man die Landspitze mit dem Kaiki).

Wogende Weizenfelder und silberngrüne Oliverhaine, von Türmen beherrschte Höhen auf dem Weg nach Vathia, Mani. Traditionäle Siedlung in Vathiader eigentlichen Türme-Stadt: wie seltsame, aus dem Fels gewachsene Zacken heben sich die Silhouetten dieser Trotzburgen gegen den Berg ab. Die meisten von ihnen sind wieder hergerichtet worden und dienen jetzt als Herbergen.

Der kretische Einfluss auf die Mani ist unübersehbar - viele Manioten tragen noch Pluderhosen und Fransentuch wie die Kreter; angetan mit bestickter Weste, um die Hüften den breiten Gürtel geschlungen, stolze hochgewachsenen Figuren mit verwegenem Rauschebart und buschigen Augenbrauen begegnen sie uns auf der Straße oder im Kafenion, geradewegs dem Märchenbuch entsprungen. Unverändert, wie ihre Erscheinung, sind die Sitten geblieben - man wird ins Haus gebeten, die Raki-Flasche wird entkorkt, eine Süßigkeit gereicht und zum Schluss ein Tässchen starker Kaffee. Einzigartig sind die Lieder und Tänze der Mani; den Tod zu besänftigen, einen häufigen Gast in dieser lebensfeindlichen Landschaft, und den Trauernden zum Trost sind hier ergreifende Lieder entstanden, in Verse gefasste Totenklagen, an der mani1Bahre von den schwarzgekleideten Klageweibern gesungen, archaisch wie die Klage Andromaches um Hektor, Herakles um ihre Kinder, der Griechen um den Fall Konstantinopels. Mani. Kaktusfeige Die Straße führt nun nach Kotronas - felsiges Grau, hart, fast feindlich; Häuser grau wie der Fels, malerisch die Bucht. Skoutari, Kalivia, Pasaavas und Githio, der Hafen Spartas; aufgereiht an der langen Mole Boote, Kaikis, Fährschiffe und dahinter Häuser, Geschäfte, Tavernen. Draußen im Meer die Insel Marathonissi, heute mit dem Festland verbunden - ein für die Griechen schicksalsschwerer Ort: hier soll Paris die Nacht mit der schönen Helena verbracht und damit den Trojanischen Krieg heraufbeschwört haben... Vom Ufer aus zu sehen der Tzannetakis-Turm (heute Museum für Geschichte und Volkskunde). Auf einem Hügel im Norden der Stadt sind Reste der antiken Akropolis erhalten. (Im Rathaus kann man eine kleine Sammlung von Funden aus antiker und byzantinischer Zeit besichtigen).


Zentral-Lakonien
Sparti. Das Taigetos Gebirge im HintergrundHauptstadt Lakoniens ist wieder, wie vor Jahrtausenden, Sparta am Eurotas-Ufer, nach der Befreiung Griechenlands an der Stelle der lange verschollenen antiken Stadt neu gegründet. Wenig Antikes ist erhalten -Ruinen auf der Akropolis, Reste des Heiligtums der liebesfeindlichen, erbarmungslosen Artemis Orthia aus dem 6. Jh. v.Chr., des Grabmals des Verteidigers der Thermopylen Leonidas (5. Jh. v.Chr.) und des Menelaions, des Heiligtums des Menelaos und der Helena. In einem klassizistischen Gebäude im Zentrum der Stadt ist das Museum untergebracht, mit interessanten Funden von den Ausgrabungsstätten. Im frischem Grün dehnt sich ringsum die lakonische Ebene, im Schatten der auch im Sommer schneebedeckten Gebirgskette des Taigetos. Hochaufragende Gipfel und steile Abgründe. Weite Olivenhaine an den sanft abfallenden Hängen. Pappeln, Trauerweiden und Platanen an den Ufern des Eurotas. Gärten in allen Schattierungen des Grüns. Dörfer am Rande der Straße -hier versteckt im Laub der Kastanien (Anavrito) oder Platanen (Karies), dort eingenistet in die Bergwand wie ein Adlerhorst (Georgitsi). Die einen mit Burgen und byzantinischen Kirchen (Geraki, Vresthena, Vrondamas), die anderen friedlich - bukolisch. Ein Land, das sich entdecken lassen will.


Mistra - eine byzantinische Ruinenstadt
Ein Besuch von Mistra ist wie ein Ausflug in die byzantinische Vergangenheit Griechenlands. 5 km von Sparta liegt Mistras diese Stadt mit ihren Kirchen und Palästen, den Bürgerhäusern und der Burg wie ein Freilichtmuseum vor uns. Von dem fränkischen Fürsten Guilleaume de Villehardouin 1249 als Stützpunkt errichtet, fiel die Burg nach der für die Franken verheerenden Schlacht von Pelagonia (1259) in griechische Hände und entwickelte sich sehr bald zu einer Bastion der Byzantiner, einem Zentrum griechischer Kultur der letzten byzantinischen Kaiserdynastie, das sich bis 1460 gegen die Türken behaupten konnte. Die Franken hatten unterhalb ihrer uneinnehmbaren Burg zunächst Ritterpaläste, Häuser für die Wächter und Lagerräume errichtet. Nach und nach entstand am Hang des Hügels die Stadt, zwei - und dreistöckige Bürgerhäuser mit eindrucksvollen Torbögen und Patrizierhäuser, die sich bis zum Palast hinzogen, einem imposanten Gebäudekomplex der Paläologenzeit. Noch gut zu erkennen sind der über 30 m lange Thronsaal, die Kapelle mit Resten byzantinischer Wandmalereien und die Wohnräume mit den hohen Spitzbogen - oder Rundfenstern. Die einzelnen Bauten, zu verschiedenen Zeiten errichtet und den jeweiligen Bedürfnissen angepasst, sind deutlich von der Bauweise in der Kaiserstadt Konstantinopel beeinflusst. Im Laufe der zwei Jahrhunderte, die Mistra als byzantinischer Hauptstadt der Peloponnes beschieden waren, sind innerhalb und außerhalb der Stadtmauern viele Kirchen, Klöster und Kapellen gebaut worden, die in Bauweise und sakraler Malerei die ganze Vielfalt der Stilrichtungen jener Zeit repräsentieren. Die erste Kirche - auch chronologisch die erste - die einem beim Aufstieg zur Oberstadt begegnet, ist die Mitropoli (Agios Dimitrios): unter der Kirchenkuppel ist in den Boden eine Steinplatte mit dem byzantinischen Doppeladler eingelassen, dem Symbol der Paläologen. Hier, neben dem reich verzierten Thron, soll der Überlieferung nach Kaiser Konstantin bei seiner Krönung gestanden haben. 1449 wurde Konstantinos Paläologos in Mistra zum letzten Kaiser von Byzanz gekrönt, um vier Jahre später auf den Mauern der von den Türken belagerten Reichshauptstadt Konstantinopel zu fallen. Nur wenige Jahre später (1460) fiel auch Mistra. Der Doppeladler zog die Krallen ein und Mistra, die glanzvolle Hauptstadt des Despotats, sank zur Bedeutungslosigkeit herab. Im Westflügel der mit sehr schönen Fresken ausgemalten Kirche ist ein Museum eingerichtet worden, in dem u.a. der bedeutende Skulpturenschmuck zusammengestellt ist. An der Nordseite der Stadtmauer sehen wir die beiden eindrucksvollsten Kirchen, die Theodorenkirche und die Panagia Odigitris (Afendiko), mit ebenfalls großartigem Freskenschmuck. Nahe dem höchsten Burgtor die Agia Sophia und an der Ostseite des Hügels das Pandanassa-Kloster aus dem 15. Jh., mit Wandmalereien in leuchtenden Farben und einer Kirche, die durch ihre ausgewogenen Proportionen auffällt. Das Kloster ist das am besten erhaltene Bauwerk in Mistra und als einziges heute noch von gastfreundlichen Nonnen bewohnt. Durch die engen, verwinkelten Gassen der toten Stadt wandernd kommt man schließlich zum Perivleptos-Kloster unmittelbar unterhalb des steilen Burgfelsen, mit wunderbarem Freskenschmuck. Hier beginnt nun der Aufstieg zur Burg, über gewundene Treppen, durch Bogengänge und Innenhöfe. Überall Ruinen, eingestürzte Mauern, verfallene Wehrtürme, geborstene Platten, in Trümmer gefallene Herrenhäuser. Zu Füßen des Burgberges die weite Ebene, und über allem ein Hauch vergangener Größe. Ein steiler Pfad führt hinauf zum Gipfel, zur Burg. Im Schutz dieser schon durch ihre Lage uneinnehmbaren Festung mit ihren mächtigen Türmen und Wehranlagen konnte sich Mistra in byzantinischer Zeit zu einem bedeutenden geistigen Zentrum entwickeln; Metropoliten, Fürsten, aufgeklärte Abte, Gründer philosophischer Schulen, Mönche, Künstler, Größen des Geisteslebens wie Pachomios, Nikephoros Moschopoulos und Plethon Gemistos haben diese Stadt zur Wiege der Renaissance in Europa werden lassen.


Südost-Lakonien
Der letzte Finger der peloponnesischen Hand grenzt im Westen an den Lakonischen Golf und im Osten an die MonemvasiaMyrtoische See. Zu beiden Seiten und entlang der Straße, die ins Landesinnere führt, reihen sich Dörfer. Der Ostküste am Mytroischen Meer vorgelagert erhebt sich der massige, seltsam geformte Felsblock von Movemvassia, einst Burgberg der Byzantiner und Venezianer und mit dem Festland nur durch einen schmalen langen Sanddamm verbunden - dem ,,einzigen Eingang" (moni emvassia) zur Burg. Hier ist die Zeit im Mittelalter stehen geblieben. Burgen und Festungsmauern, Herrenhäuser und Hütten der Armen, enge gepflasterte Gassen, halbverfallene Kirchen, niedrig überwölbte Gänge, zertrümmerte Stufen. Deutlich spürbar überall der prägende Einfluss von Byzanz und Venedig - geschwungene Bögen, Wappen, marmorne Kaiserthrone, byzantinische Kirchen (die ,,Elkomenos", d.h. die dem zum Kreuz gezogenen Christus geweihte), alles vermittelt den Eindruck des Unwirklichen und übt doch eine so suggestive Wirkung auf den Besucher aus, dass man zuweilen Ritter in Rüstung, Kaiser und Metropoliten vor sich zu sehen glaubt. Nördlich von Monemvassia die mittelalterlichen, auf Hügeln erbauten Dörfer von Zaraka, mit Ruinen von Burgen, Kirchen und Häusern, die heutigen Siedlungen heißen immer noch wie damals: Harakas, Rahia, Gerakas, Ai Dimitris, Giotsoli und Kiparissi. 61 km von Movemvassia, das Küstenstädtchen Neapoli, der letzte Hafen der Spartaner am Lakonischen Golf. Strand und Sandbuchten, Quellbäche unter Platanen und Kastanien (Paradissi), in allen Farben schillernde Tropfsteinhöhlen (Kastania), Tavernen und Kaffeehäuser, geruhsamer Lebensrhythmus einer südlichen Hafenstadt. Gegenüber Elafonissi, eine Insel zum Träumen - Baden im Meer, Angeln, Sonne und Sand, Sonnenuntergänge und Mondenschein, Oktopus in Weinsoße, Fischsuppe und andere verlockende Spezialitäten - was braucht man mehr? 14 Seemeilen vor Neapoli liegt Kithira, die Insel der Liebe und ihrer Göttin, Aphrodite. Man braucht nicht lange zu suchen, um auf antike Tempel zu stoßen, byzantinische Kirchen und Klöster, venezianische Burgen, Tropfsteinhöhlen und kleine Seen, Dörfer wie auf den Ionischen Inseln, und wenn man sich von all dem erholen will, findet sich immer auch irgendwo ein Strand, eine Bucht mit bunten Muscheln im Sand, eine grüne Au oder ein bewaldeter Hügel mit zwitschernden Vögeln. 29 Seemeilen von Kithira entfernt liegt Andikithira, eine kahle Felseninsel, die vor allem als Fundort der berühmten Statue des ,,Jünglings von Antikythere" bekannt geworden ist. Inseln, um alles um sich her zu vergessen und einfach aufs Meer hinauszuschauen - in der heimlichen Hoffnung, Aphrodite möge noch einmal schaumgeboren aus den Wellen auftauchen...